Privates Veräußerungsgeschäft nach unentgeltlicher Übertragung - grundsätzlich kein Gestaltungsmissbrauch
Die Beteiligten stritten um die Besteuerung eines Gewinns aus einem privaten Veräußerungsgeschäft nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und --damit zusammenhängend-- um das Vorliegen eines Gestaltungsmissbrauchs nach § 42 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO). Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs (BFH) liegt grundsätzlich kein Gestaltungsmissbrauch vor, wenn er das Grundstück zuvor unentgeltlich auf seine Kinder überträgt, die es dann an den Erwerber veräußern. Der Veräußerungsgewinn ist in diesen Fällen bei den Kindern nach deren steuerlichen Verhältnissen zu erfassen.
Werde private Grundstücke nicht zu eigenen Wohnzwecken genutzt, unterliegt der Veräußerungsgewinn nach § 23 EStG der Besteuerung, wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt.
Im entschieden Fall erwarb die Mutter 2011 ein Grundstück. Bereits ein Jahr später übertrug sie das Eigentum unentgeltlich jeweils zu hälftigem Miteigentum auf ihre volljährigen Kinder. Diese verkauften das Grundstück noch an demselben Tag. Der Betrag wurde je zur Hälfte an die Kinder ausgezahlt. Die Verkaufsverhandlungen wurden allein durch Mutter geführt. Dadurch, dass nicht die Mutter veräußerte hatte, ergab sich unter dem Strich eine Steuerersparnis von rund 14.000 EUR. Das Finanzamt rechneten den Verkaufsgewinn allerdings der Mutter zu, da ein rechtlicher Gestaltungsmissbrauch vorliege. Der BFH sah das aber anders.
Bei einem unentgeltlichen Erwerb ist dem Einzelrechtsnachfolger (im Streitfall die Kinder) die Anschaffung durch den Rechtsvorgänger (im Streitfall die Mutter) nach § 23 Abs. 1 S. 3 EStG zuzurechnen. Diese Regelung dient, so der BFH, der Verhinderung von Missbräuchen. Denn Anschaffung ist (nur) der entgeltliche Erwerb eines Wirtschaftsguts. Ohne die Regelung des § 23 Abs. 1 S. 3 EStG könnte die Besteuerung als privates Veräußerungsgeschäft durch eine unentgeltliche Übertragung auf einen Dritten umgangen werden.
Das Bestreben, Steuern zu sparen, macht für sich allein eine Gestaltung noch nicht unangemessen. Vorliegend ergibt sich ein „Steuervorteil“ allein daraus, dass die unentgeltliche Übertragung des Grundstücks von Gesetzes wegen akzeptiert wird – mit der Folge, dass ein Veräußerungsgewinn nicht vom Schenker, sondern vom Beschenkten nach dessen persönlichen Verhältnissen versteuert werden muss.