Krankenversicherungsbeiträge nur für eine Basisabsicherung abziehbar
Ist ein Steuerpflichtiger sowohl Pflichtmitglied in einer gesetzlichen Krankenkasse als auch freiwillig privat krankenversichert, kann er lediglich die Beiträge abziehen, die er an die gesetzliche Krankenversicherung entrichtet.
Der Abzug der nicht als Sonderausgaben abziehbaren Krankenversicherungsbeiträge als außergewöhnliche Belastung scheidet ebenfalls aus.
BFH Urteil vom 29. November 2017, X R 5/17
Die zusammenveranlagten Kläger und Revisionskläger (Kläger) waren im Streitjahr 2013 als Rentner in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert. Sie zahlten hierfür Beiträge in Höhe von 5.873 € (Kläger) bzw. 644 € (Klägerin) sowie Beiträge in die gesetzliche Pflegeversicherung in Höhe von 969 € (Kläger) sowie 161 € (Klägerin). Zusätzlich waren beide Kläger privat krankenversichert und entrichteten insoweit Beiträge in Höhe von insgesamt 2.574 € (Kläger) und 2.853 € (Klägerin). Dabei entfielen auf die Basisabsicherung 2.149 € (Kläger) und 2.341 € (Klägerin). Weiterhin zahlten die Kläger Beiträge zu Unfall-, Haftpflicht- und Risikoversicherungen in Höhe von 466 €.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) berücksichtigte die Krankenversicherungsbeiträge als beschränkt abziehbare Sonderausgaben im Rahmen der Günstigerprüfung nach § 10 Abs. 4a des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG) i.V.m. § 10 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung (EStG a.F.). Das FA ermittelte einen gemäß § 10 Abs. 4a EStG abziehbaren Betrag in Höhe von 7.959 €. Dabei ließ es die Beiträge der Kläger zur privaten Krankenversicherung unberücksichtigt, soweit sie auf die Basisversorgung entfielen.
Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Kläger im Rahmen des § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG nur die an ihre gesetzliche Krankenkasse geleisteten Beiträge abziehen können (unter 1.). Ebenfalls zutreffend hat das FG die von den Klägern gemäß § 10 Abs. 4a EStG abziehbaren Vorsorgeaufwendungen ermittelt. Die als Sonderausgaben nicht berücksichtigten Krankenversicherungsbeiträge können auch nicht als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33 EStG in Abzug gebracht werden.
Für gesetzlich Versicherte sind die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung erforderlich, die nach dem Dritten Titel des Ersten Abschnitts des Achten Kapitels des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) oder die nach dem Sechsten Abschnitt des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte festgesetzt werden. Für Beiträge zu einer privaten Krankenversicherung sind es die Beitragsanteile, die auf Vertragsleistungen entfallen, die, mit Ausnahme der auf das Krankengeld entfallenden Beitragsanteile, in Art, Umfang und Höhe den Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB V vergleichbar sind.
Sind Steuerpflichtige, wie beide Kläger, in der gesetzlichen Krankenkasse pflichtversichert, beruhen sowohl die ihnen gewährten Leistungen als auch die Höhe der von ihnen zu zahlenden Beiträge auf einer gesetzlichen Anordnung, nämlich den Regelungen des SGB V. Diesem Gesetzesbefehl kann sich ein pflichtversicherter Steuerpflichtiger nicht entziehen. Seine diesbezüglichen Beiträge sind damit zur Erlangung des Basisversicherungsschutzes sowohl unvermeidbar als auch erforderlich. Demgegenüber ist der Abschluss einer weiteren Krankenversicherung unter diesen Umständen nicht notwendig und damit freiwillig
Ein Abzug der nicht als Sonderausgaben abziehbaren Krankenversicherungsbeiträge als außergewöhnliche Belastung scheidet ebenfalls aus. § 33 Abs. 2 Satz 2 EStG ordnet an, dass Aufwendungen, die zu den Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Sonderausgaben gehören, bei der Ermittlung der außergewöhnlichen Belastungen außer Betracht zu bleiben haben. Dies bewirkt einen Nachrang der außergewöhnlichen Belastungen gegenüber den Sonderausgaben. Aufwendungen, die ihrer Art nach Sonderausgaben sind (hier: Krankenversicherungsbeiträge), können nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden. Unerheblich ist, ob die Aufwendungen im Einzelfall als Sonderausgaben abziehbar sind oder ob sie sich wegen Überschreitens der gesetzlichen Höchstgrenzen steuerlich nicht auswirken. Es ist vielmehr ausreichend, dass die Krankenversicherungsbeiträge ihrer Art nach Sonderausgaben sind. Zudem stellen die Beiträge auch deswegen keine außergewöhnliche Belastung i.S. des § 33 EStG dar, weil die Aufwendungen nicht zwangsläufig im Sinne dieser Vorschrift erwachsen sind. Denn die Kläger waren weder rechtlich, tatsächlich noch sittlich verpflichtet, eine weitere private Krankenversicherung abzuschließen, da sie bereits durch ihre gesetzliche Krankenversicherung einen Basisversicherungsschutz erlangt hatten.
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