Vorsteuerabzug einer Gemeinschaftspraxis zweier Augenärzte aus Mietereinbauten

Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass ein Mieter, der in angemieteten Räumlichkeiten Ein- und Umbauten ("Mietereinbauten") im eigenen Namen vornehmen lässt, die ihm hierfür von Bauhandwerkern in Rechnung gestellte Umsatzsteuer im Falle einer entgeltlichen Weiterlieferung an den Vermieter als Vorsteuer abziehen kann. Eine Weiterlieferung liege jedenfalls dann vor, wenn der Mieter dem Vermieter nicht nur das zivilrechtliche Eigentum überträgt, sondern auch einen unmittelbar von diesem tatsächlich genutzten wirtschaftlichen Vorteil zuwendet.

Die Klägerin, eine Gemeinschaftspraxis zweier Augenärzte, mietete von der CV-GmbH (Vermieterin und Eigentümerin) Räumlichkeiten ausschließlich zum Betrieb einer augenärztlichen Tagesklinik inklusive Bereichs für ambulante Operationen an. Zum Aus- und Umbau der Räumlichkeiten gewährte der Vermieter einen Baukostenzuschuss in Höhe von 500.000 EUR zuzüglich gesetzlicher Umsatzsteuer (in baufortschrittabhängigen Teilbeträgen). Die Parteien waren sich einig, dass die Klägerin die bezuschussten Ausbaumaßnahmen im Falle des Auszuges im Mietgegenstand belässt und nicht wieder rückgängig machen muss. Sollte das Mietverhältnis aus einem vom Mieter zu vertretenden Grund vor Ablauf der regulären Mietzeit beendet werden, hatte die Klägerin dem Vermieter den Baukostenzuschuss anteilig zurückzuzahlen. Die Klägerin ließ die erforderlichen Ein- und Umbauten im eigenen Namen durch von ihr beauftragte Baufirmen durchführen. Gleichzeitig rechnete die Klägerin gegenüber der CV-GmbH über einen "Nettobetrag" in Höhe von insgesamt 500.000 EUR sowie separat ausgewiesener "MwSt" in Gesamthöhe von 95.000 EUR ab.

Die Klägerin versteuerte den Ausgangsumsatz und machte gleichzeitig die ihr von den Praxenbauern in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend. Im Übrigen erzielte die Klägerin ausschließlich steuerfreie Umsätze nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG. Das Finanzamt versagte den Vorsteuerabzug unter Einstufung des An- und Verkaufs als Hilfsgeschäft unter Verweis auf §§ 4 Nr. 28, 15 Abs. 2 UStG.

Der Bundesfinanzhof entschied hierzu wie folgt. Die Klägerin habe mit der Weitergabe der Mietereinbauten eine steuerpflichtige Werklieferung erbracht. Ein Mieter, der Ausbauten, Umbauten und Einbauten auf eigene Kosten vornimmt oder auf dem gemieteten Grundstück ein Gebäude errichtet, führe grundsätzlich eine Werklieferung gemäß § 3 Abs. 4 UStG aus. Das gelte jedenfalls dann, wenn er dem Vermieter nicht nur das zivilrechtliche Eigentum überträgt, sondern auch einen unmittelbar vom Vermieter tatsächlich genutzten wirtschaftlichen Vorteil zuwendet. Bei den hier vorliegenden Mietereinbauten oder –umbauten liege eine sofortige Verschaffung der Verfügungsmacht in Gestalt der Weiterlieferung des Mieters an den Eigentümer (Vermieter) vor, wenn letzterer Wert und Substanz der Einbauten erlangt. Dies sei dann zu bejahen, wenn der Mieter schon bei Beginn des Nutzungsverhältnisses auf sein Wegnahmerecht (§ 539 Abs. 2 BGB) verzichte, weil der Eigentümer ihm die Herstellungskosten erstattet oder diese mit dem Miet- oder Pachtzins verrechnet werden.

Im Streitfall seien die Einbauten zum wesentlichen Bestandteil des Gebäudes geworden und damit in das Eigentum der CV-GmbH als Vermieterin übergegangen (§§ 946, 94 Abs. 2 BGB). Darüber hinaus haben die Beteiligten vereinbart, dass die Klägerin die bezuschussten Ein- und Ausbauten im Falle eines Auszuges im Mietgegenstand belässt und dafür keinerlei Entschädigung vom Vermieter verlangen kann, da diese Aus- und Umbauten bereits mit der Zahlung des Baukostenzuschusses abgegolten sind. Die Zuwendung des wirtschaftlichen Vorteils liege hier in der Herstellung der Vermietbarkeit der Räumlichkeiten für die Vermieterin. Diese war erst nach Vornahme der Praxiseinbauten zur vertragsgemäßen Überlassung des Mietgegenstands in der Lage, da sie Räumlichkeiten schuldet, die zum Betrieb einer augenärztlichen Tagesklinik geeignet sind.

Die Einwendungen des FA griffen nicht durch. In den Rahmen seines Unternehmens fallen nicht nur die Grundgeschäfte, die den eigentlichen Gegenstand der geschäftlichen Betätigung bilden, sondern auch die Hilfsgeschäfte und Nebengeschäfte, ohne dass es insoweit auf die nachhaltige Ausführung dieser Geschäfte ankommt. Es genügt ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit der Haupttätigkeit; auch nach Unionsrecht schließe der Umstand, dass der Umsatz einer bereits mehrwertsteuerpflichtigen Person nicht der Haupttätigkeit dieser Person entspricht und von dieser nur punktuell durchgeführt wurde, es nicht aus, dass diese Person in Bezug auf diesen Umsatz im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit i.S. von Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 1 MwStSystRL gehandelt hat.

Quelle: Bundesfinanzhof Urteil vom 13.11.2019, V R 5/18