Berufsausbildung nach vorheriger langjähriger Berufstätigkeit

Der VI. Senat des BFH hatte darüber zu entscheiden, ob Aufwendungen für eine Berufsausbildung ohne den vorherigen Abschluss einer Erstausbildung gemäß § 9 Abs. 6 EStG idF des ZollkodexAnpG als Werbungskosten abzugsfähig, wenn der Steuerpflichtige zuvor langjährig Einkünfte aus einer gewerblichen Tätigkeit erzielt hat. Im Streitfall hatte der Kläger in den Jahren 2001 bis 2003 ein Praktikum im Berufsfeld der Veranstaltungstechnik und des -managements absolviert und hat sich anschließend ein eigenes Gewerbe im Bereich der Veranstaltungs- und Showtechnik betrieben. Eine Ausbildung zum Veranstaltungskaufmanns hat er nicht abgeschlossen, da er während des Praktikums keine Kenntnis von der im Jahr 2001 eingeführten Ausbildung zum Veranstaltungskaufmanns hatte. Auch von der Möglichkeit zur Ablegung der Abschlussprüfung zum Veranstaltungskaufmann ohne vorheriges Durchlaufen der Ausbildung machte er keinen Gebrauch. Den vorweggenommenen Werbungskostenabzug für die Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer in den Jahren 2016 und 2017 verneinte der VI. Senat des BFH mit der Begründung, dass der Kläger zuvor keine Erstausbildung (Berufsausbildung oder Studium) abgeschlossen hat. Eine Berufsausbildung als Erstausbildung iSd § 9 Abs. 6 S. 1 EStG liegt vor, wenn eine geordnete Ausbildung mit einer Mindestdauer von zwölf Monaten bei vollzeitiger Ausbildung und mit einer Abschlussprüfung durchgeführt wird (§ 9 Abs. 6 S. 2 EStG). Das vom Kläger absolvierte Praktikum erfüllte diese Voraussetzungen nicht. Unerheblich ist, dass der Kläger danach jahrelang in diesem Beruf tätig war. Die Ausbildungsaufwendungen konnten lediglich als Sonderausgaben iSd § 10 Abs. 1 Nr. 7 S. 1 EStG berücksichtigt werden.

Quelle: BFH, Urt.v. 15.2.2023 – VI R 22/21, NV